European Women in VC: Erste Studie über Geschlechtervielfalt in der europäischen Venture Capital-Szene

Bei der Finanzierung ist das Geschlechtergefälle allgegenwärtig / 2021 entfielen nur 1,8 Prozent der Investitionen in Europa auf von Frauen geführte Start-ups

BildBerlin, 30. Mai 2022 – Die europäische Risikokapitalszene verzeichnete im Jahr 2021 ein Rekordwachstum: In einem einzigen Jahr wurden über 100 Milliarden Euro in europäische Start-ups investiert. Diese Investitionen haben in Europa fast 100 Unicorns hervorgebracht.

Trotz dieser erstaunlichen Ergebnisse bleiben nach Ansicht der Experten von European Women in VC auch weiterhin Herausforderungen auf dem Weg in die Zukunft bestehen, insbesondere im Hinblick auf die Geschlechtervielfalt. Fortschritte werden in diesem Bereich demnach nur langsam erzielt. Im Vergleich zu 2020 hat sich der Anteil der Finanzierungen, die von rein männlichen, rein weiblichen oder gemischten Gründerteams eingeworben wurden, im Jahr 2021 kaum verändert.

Eine von European Women in VC in Auftrag gegebene Studie analysierte die Finanzierungslücke bei von Frauen gegründeten Start-ups sowohl auf Geldgeber- als auch auf Gründerebene. Dieser erste gesamteuropäische Bericht (EU-27 + UK) bietet daher einen Überblick über die Geschlechtervielfalt in der europäischen VC-Szene.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie sind:
(1) Bei der Finanzierung ist das Geschlechtergefälle allgegenwärtig: im Durchschnitt sind 85 Prozent der VC-Teilhaber männlich und nur 15 Prozent weiblich!

Die Entwicklung hin zu einer ausgewogenen Geschlechterstruktur auf der VC-/Finanzierungsebene zeigt jedoch deutlich, dass die Zahl der weiblichen Teilhaber steigen muss. Laut den Analysten von European Women in VC sei es zudem wichtig, dass diese weiblichen Teilhaber Zugang zu größeren Kapitalpools haben und größere Fonds verwalten, wenn sie Einfluss auf den Start-up-Markt ausüben und in der Lage sein wollen, mit Portfoliounternehmen zusammenzuarbeiten.

(2) Die Analyse der tatsächlichen Investitionskraft (auch bekannt als Firepower) zeigt, dass weibliche Investoren über weniger Investitionskraft (neun Prozent) am gesamten verwalteten Vermögen haben als ihre männlichen Kollegen (91 Prozent).

Das deutet laut der vorliegenden Studie darauf hin, dass Frauen sich eher an kleineren Fonds beteiligen.

„Das starke Aufkommen von Bio-Tech- und Life-Science-Fonds von beträchtlicher Größe in bestimmten Teilen Europas ist ein erstes Anzeichen für den Fortschritt bei der Bereitstellung von mehr Kapital von weiblichen Investoren und bei der Bildung gemischter Investitionsteams“, so Kinga Stanislawska, Mitgründerin von European Women in VC. „Würde man dieses Fondssegment aus der Analyse herausnehmen, würde das Bild des europäischen VC-
Managements sogar noch ein deutlich schlechteres Ergebnis für die Präsenz von Frauen in Personengesellschaften ergeben“ so Stanislawska weiter.

(3) Im Jahr 2021 entfielen nur 1,8 Prozent der Investitionen in Europa auf von Frauen geführte Start-ups.

Aus der Sicht von European Women in VC bleibt die Finanzierungslücke bei Gründerinnen der Studie zufolge weitgehend gleich zu den Vorjahren, auch wenn das für gemischte Gründerteams bereitgestellte Kapital leicht gestiegen ist.

„Das Problem ist systemischer Natur, daher müssen wir nach ganzheitlichen Lösungen suchen. Das Kapitalungleichgewicht ist nicht nur auf der Ebene der Start-ups sichtbar, sondern zieht sich durch die gesamte Wertschöpfungskette und muss von der Spitze der Kapitalströme aus angegangen werden. Wir brauchen mehr Kapital für von Frauen geführte Fonds und weibliche Investoren auf der Ebene des Fondsmanagements! Dies ist eine Lösung, damit mehr Risikokapital Gründerinnen erreicht und im Allgemeinen die Themen Impact und Smart Investing besser berücksichtigt werden können“, kommentiert Anna Wnuk, Head of Community bei European Women in VC.

Die veröffentlichte Studie zeigt außerdem, dass Gründerinnen in wichtigen Bereichen wie Bildung, Nachhaltigkeit und Gesundheitswesen positiven Einfluss haben. „Die Wahrscheinlichkeit ist größer, dass weibliche Investoren jene Unternehmen unterstützen, deren Eigentümer Frauen sind“, ist Michal Kramarz, Leiter für Start-ups in Zentral- und Osteuropa bei Google, überzeugt.

Obwohl die Umfrageergebnisse darauf hindeuten, dass Frauen vor allem in Nachwuchs-positionen vertreten sind und somit ein zunehmendes Interesse am Einstieg in die Welt der Risikokapitalgeber zu zeigen scheinen, ist die Beschäftigungspyramide steil und der Anteil von Frauen fällt in Richtung Partnerstatus ab. Die Fonds, die von Frauen aufgelegt und verwaltet werden, sind im Durchschnitt auch im Hinblick auf das verwaltete Vermögen (AuM) kleiner.

„Die derzeitige Situation, in der wir in eine homogene Gruppe von Unternehmen investieren, ist problematisch. Wir lassen nicht nur viele Möglichkeiten liegen, sondern auch viel ungenutztes Potenzial. Wir müssen gleiche Wettbewerbsbedingungen und gleiche Chancen für alle schaffen“ so Corinne Vigreux, Gründerin von TomTom.

Über die Studie:
Für die Studie wurden mehr als 400 Risikokapitalgesellschaften, die jeweils mindestens 25 Mio. EUR an Vermögenswerten verwalten, untersucht.

Der gesamte Bericht wird auf der Website www.experior.vc und den Social-Media-Kanälen von Experior VC veröffentlicht; weiteres Presse-/Medienmaterial finden Sie hier drive.google.com.

Der Bericht wurde von European Women in VC mit der Unterstützung der International Data Cooperation sowie von gleichgesinnten Partnern erstellt: Google for Startups, UBS, EY, AlterDomus, Isomer, Orrick, KfW Capital, Evli Growth Partners, PFR Ventures, European Investment Bank und viele weitere.

Über European Women in VC:
European Women in VC ist ein Zusammenschluss von Männern und Frauen, die den Wandel im Bereich Risikokapital in Europa und darüber hinaus vorantreiben wollen.

Über Experior VC:
Experior VC ist die erste von Frauen gegründete und geleitete Risikokapitalgesellschaft in Europa. Mitgründerin ist Kinga Stanislawska.

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