In der aktuellen Diskussion zur Wiedereinführung der Meisterpflicht kritisierte Handwerkspräsident Wollseifer die Monopolkommission. Nun reagiert Jonas Kuckuk vom Berufsverband unabhängiger Handwerker
Verden, 29.Januar 2019
Die aktuelle Kampagne des Zentralverbands des Deutschen Handwerks in Person seines Präsidenten und Malermeister Hans Peter Wollseifer zur Wiedereinführung des Meisterzwangs in vielen Handwerken kommentiert Jonas Kuckuk, Vorstand des Berufsverbands der unabhängigen Handwerkerinnen und Handwerker (BUH):
Monopolkommission für Zulassungsfreiheit im Handwerk
„Der BUH teilt die erneute Einschätzung der Monopolkomission, dass die Ausweitung der Meisterpflicht weder die handwerklich Qualität noch die Ausbildungsleistung in messbarer Weise fördert. Diese Einschätzung wird bereits von der umfassenden Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung aus dem Jahr 2016 gestützt. Im Handwerk besteht ein Abwanderungs- aber kein Ausbildungsproblem! Weniger als 40% der ausgebildeten Handwerker verbleiben im Handwerk. Deshalb sollten die Arbeitsbedingungen verbessert und der Erwerb der Ausbildungsberechtigung gefördert werden.“
Bundesregierung: Meisterzwang verschärft Fachkräftemangel
„Besorgniserregend wären die Auswirkungen einer Wiederausweitung des Meisterzwangs auf den bereits vorhandenen Fachkräftemangel. Diese Sorge teilt auch die Bundesregierung [siehe: Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Fraktion B’90/ Die Grünen im Bundestag, Drs.19/6095, Seite 32, Frage 33]. Umso mehr erstaunen mich ihre fortgesetzten Anstrengungen für eine Rückabwicklung der Handwerksreform von 2004.
Unterm Strich würde eine Wiederausweitung des Meisterzwangs vor allem den Fachkräftemangel weiter verschärfen. Der Maßstab für eine Rückabwicklung der vorsichtigen Liberalisierung der Handwerksordnung in 2004 sollte zuerst das Interesse der Verbraucher sein. Verbraucher können selbst entscheiden ob sie eine
– mit dem vermeintlichen Gütesiegel des Meisterbriefs versehene – handwerkliche Leistung wählen und entsprechend honorieren möchten oder ob sie anderen Anbietern den Vorzug geben. Der Meisterbrief schützt Verbraucher nicht vor Pfuscharbeiten. Vor unangenehmen Überraschungen schützt das Gewährleistungsrecht. Aus Sicht des Verbrauchers gibt es zudem keine Erkenntnisse, die eine erneute Einschränkung der unternehmerischen Freiheit im Handwerk rechtfertigen würden: Die Prüfung einer Wiedereinführung der Meisterpflicht für 41 derzeit zulassungsfreie Handwerke ist deshalb schlicht überflüssig. Vielmehr stellt sich umgekehrt die Frage, warum der Meisterzwang zum Beispiel im Bäcker-, Maler- oder Friseurhandwerk nicht schon längst abgeschafft wurde.“
Wollseifer verunglimpft Kleinunternehmer
„Ärgerlich und nicht länger hinnehmbar sind die fortlaufenden Angriffe des Präsidenten des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer, auf Soloselbstständige. Erst zu Jahresbeginn hatte Wollseifer Kleinunternehmer mit einem Umsatz unter 17.500 Euro – die durch das Gesetz von der Umsatzsteuer befreit sind – in die Nähe zu Betrügern gerückt. Die Behauptung sie seien unseriös und würden lediglich angeben dass ihre Umsätze gering seien, ist eine gezielte Diffamierungskampagne.
Die hart um ihre Existenz kämpfenden soloselbstständigen Handwerker empfinden es als Frechheit, wie sich Wollseifer seit Jahren dafür stark macht, ihnen den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Dabei dürften Soloselbstständige die mit ihren Zwangsbeiträgen maßgeblich zur Finanzierung der Handwerksverbände beitragen, inzwischen mehr als 40 % der Unternehmen im Handwerk stellen.
Darauf, dass ihr Dachverband bessere steuerliche oder sozialversicherungsrechtliche Bedingungen für sie durchsetzt, warten sie hingegen vergeblich. Der ZDH-Präsident sieht sich hingegen dazu berufen Pseudobedrohungen, wie die Umsatzsteuerbefreiung für Kleinunternehmer, zu skandalisieren und auf eine Abschaffung zu drängen.
Grundsätzlich finde ich es bedenklich, wenn das organisierte Handwerk versucht mit hartnäckig verbreiteten wirtschaftspolitischen und statistischen Fake News den Zugang zum lukrativen Handwerksmarkt noch weiter zu verengen. Vielmehr wäre eine weitere Öffnung dringend notwendig.“
Weiterführende Links, Anlagen:
Andreas Koch, Sebastian Nielen (2016): Ökonomische Effekte der Liberalisierung der Handwerksordnung von 2004. Hrsg.: Friedrich-Ebert-Stiftung, Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik, Bonn 2016, abrufbar unter: https://library.fes.de/pdf-files/wiso/12448.pdf
BUH e.V. (2016): Anmerkungen zum Versuch von Andreas Koch und Sebastian Nielen, ökonomische Effekte der Novelle der Handwerksordnung des Jahres 2004 nachzuweisen.
Antwort auf eine kl. Anfrage von Bündnis 90/ Die Grünen zu den Auswirkungen der Handwerksnovelle 2004, abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/060/1906095.pdf
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